Wenn man die Wochenberichte des RKI studiert (bei diesem sind es 39 Seiten) (1) , so sind dort einige Fakten vermerkt, die man zumindest erwähnen, am besten jedoch klären sollte. Eine Aufgabe des Wissenschaftsjournalismus, die leider nur noch von freien Medien wahrgenommen wird. Warum die sogenannten Qualitätsmedien hier nicht detaillierter berichten? Diese Frage mag der Leser für sich selbst beantworten.
Das RKI war bis heute leider nicht bereit, Fragen zu dem letzten Wochenbericht vom 30. Dezember 2021 zu beantworten. Nur die Korrektur der Zahl der Ungeimpften wurde bekannt gegeben. Daher möchte ich hier einige Aussagen, die das RKI veröffentlicht hat, mit Euch teilen.

Omikron

Ein labordiagnostischer Verdacht auf Omikron, der auf den Ergebnissen solcher SNP-spezifischen diagnostischen PCRs basiert, muss deshalb durch eine Genomsequenzierung des Virusgenoms bestätigt werden.“ (1)

Das RKI informiert darüber, dass „diagnostische PCR-Systeme, nur nur zwei der oben genannten Mutationen detektieren„, (hier Alpha und Beta), nicht sicher zwischen diesen und einer Omikron Infektion unterscheiden können. Sie müssten deshalb durch eine Genomsequenzierung bestätigt werden. Dies bezieht sich auf SNP (single nucleotide polymorphism / Einzel-Nukleotid-Polymorphismen) PCR-Tests, das heißt vereinfacht, dass nur einzelne Punktmutationen erkannt werden (2) – in diesem Fall offensichtlich zwei, da sowohl die Alpha als auch die Beta Variante erkannt werden.
Leider ist das RKI laut eigener Auskunft nicht in der Lage ist, zu benennen, wie viele variantenspezifische PCR Tests durchgeführt werden.

In KW 51/2021 wurden insgesamt – also sowohl in der Stichprobe als auch in der anlassbezogenen Probe – 1.269 Omikron-Gesamtgenomsequenzen in Deutschland nachgewiesen und an das RKI übermittelt.“ (1)

Zwischen dem 21.11.2021 und 03.01.2022 wurden in Deutschland ….. 3.321 per Gesamtgenomsequenzierung zweifelsfrei bestätigt“ (1)

Sind es nun 35.532 Omikronfälle oder aber doch nur 3.331, die definitiv bestätigt sind?

Impfeffektivität bei Omikron-Mutation

Erste Studien deuten auf einen geringeren Anteil an Hospitalisierten im Vergleich zu Infektionen mit der Deltavariante bei Infizierten mit vollständiger Impfung bzw. Auffrischimpfung hin.“ (1)

Auch wenn das RKI im nächsten Satz zugesteht, dass man die Wirksamkeit der einzelnen Impfstoff nicht endgültig zu beurteilen könne, muss man sich fragen, wie man zu der oben zitierten Annahme kommt. Die angegebenen Zahlen jedenfalls sprechen nicht dafür, dass Geimpfte vor der Hospitalisierung geschützter sind, als impffreie Menschen:

Von insgesamt 140 hospitalisierten Omikronfällen sind 36 Personen impffrei; dagegen sind 104 Personen doppelt oder dreifach geimpft. Auf den Intenisvstationen befinden sich aktuell 9 Personen, von denen 6 doppelt oder dreifach geimpft sind.
Die Aussage oder auch Interpretation ist also schwer nachvollziehbar. Ähnlich sah es im letzten Wochenbericht aus. Das RKI war bisher nicht bereit, zu beantworten, auf welche Fakten sich die Interpretation stützt, wo doch die reinen Zahlen eher auf das Gegenteil schließen lassen.

Bei symptomatischen Fällen zeichnet sich ein vergleichbares Bild ab: Von 12185 erfassten Fällen sind 9492 Personen doppelt oder dreifach geimpft

Adjustierte 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz

Um den Trend der Anzahl von Hospitalisierungen und der 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz besser bewerten zu können, ergänzen wir die berichtete Hospitalisierungsinzidenz um eine Schätzung der zu erwartenden Anzahl an verzögert berichteten Hospitalisierungen.“ (1)

Eine Schätzung scheint dem RKI wichtig, da offensichtlich Krankenhausaufenthalte mit zeitlichem Verzug gemeldet werden. Leider kann man aufgrund der Schätzung nicht mehr beurteilen, wie die realen Zahlen tatsächlich sind.

Influenza und / oder Covid-19

Interessant sind ebenfalls die Aussagen zum akuten respiratorischeb Syndrom (ARE). Es wird erläutert, dass die Zahl der ARE – die saisonbedingten Erkrankungen – zum Teil niedriger lagen als vor der Pandemie und noch immer im niedrigen Bereich der Erfassungen der Vorjahreswerte, was vermutlich auf die Maßnahmen zurückzuführen ist. Insgesamt finden sich aktuell „ca. 2,5 Millionen akuten Atemwegserkrankungen in der Bevölkerung in Deutschland

Die Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI) untersuchte – in den Kalenderwochen 51 und 52 2021 – 135 eingesandte Proben. Respiratorische Viren wurden in 68 Proben festgestellt – die teilten sich auf in:

16 Prozent    humanen saisonalen Coronaviren (hCoV)
13 Prozent    Rhinoviren
6  Prozent     Respiratorischen Synzytialviren (RSV)
4  Prozent     Parainfluenzaviren
4  Prozent     humane Metapneumoviren
3  Prozent     Influenzaviren
10 Prozent    SARS-CoV-2

Wie lässt sich dann nachfolgende Aussage zur Surveillance der Antibiotikaanwendung und bakteriellen Resistenzen auf Intensivstationen (kurz SARI) interpretieren? Es ist von anderen Hauptdiagnosen die Rede, die aber dann in der Hälfte aller Fälle mit Covid-19 diagnostiziert wurden. Heißt das nun, dass die Haupterkrankungen um eine SARS-CoV-2 Diagnose ergänzt wurden? Wurde hier zusätzlich ein PCR Test vorgenommen? Oder ist eine Covid-19 ursächlich für die Erkrankung? Wie lässt sich das mit der Untersuchung der AGI damit vereinbaren?

Der Anteil an COVID-19-Erkrankungen bei SARI-Fällen ist in den KW 51/2021 und 52/2021 gesunken. In KW 52/2021 wurde bei insgesamt 46 % (KW 51/2021: 50 %) aller neu im Krankenhaus aufgenommenen SARI-Fälle (Hauptdiagnose Influenza, Pneumonie oder sonstige akute Infektionen der unteren Atemwege) eine COVID-19-Diagnose vergeben.“ (1)

DIE ANTWORT

COVID-19 ist weiterhin die häufigste Diagnose unter erwachsenen Patientinnen und Patienten mit einer akuten schweren Atemwegserkrankung im Krankenhaus.

In Altersgruppe der 35- bis 59-Jährigen sind allerdings deutlich mehr SARI Fälle hospitalisiert als in den Jahren vor der COVID-19-Pandemie. Sollte bei der zeitnahen Überwachung der Impfnebenwirkungen für diese Fälle der Impfstatus erhoben werden, nachdem man eine deutliche Zunahme dieser Fälle erkennt?

Entwicklungen in Südafrika

Überraschend sind darüber hinaus, die Angaben zu den Entwicklungen in Südafrika. Hörte man bis vor kurzem in den Medien, dass die Omikron-Welle in Südafrika nach vier Wochen bereits überstanden ist, weiß das RKI am 6. Januar,

dass das Auftreten der Variante „dort auch weiterhin mit einem starken Anstieg der COVID-19-Fälle einher„geht.

Dagegen bemerkte die Moderatorin der BR24 Rundschau vom 5. Januar 2022 um 22:30 Uhr, Südafrika „verzeichnet kaum noch Infektionen und Krankenhauseinweisungen“ und fragt die Expertin, ob wir hoffen können, „dass die Welle bei uns auch so schnell durch sein wird“. (4)

Der Deutschlandfunk lässt seinen hoffnungsvollen Artikel vom 31.12.2021 einfach wieder verschwinden. „Die Zahl der neuen Corona-Fälle geht in Südafrika seit einiger Zeit wieder zurück.“ Auch auf der Seite der Deutschen Presse Agentur (dpa), ist der Bericht von Nardus Engelbrecht, auf den sich der Beitrag stützte nicht mehr zu finden. In diesen Zeiten passiert das häufig. Es ist die gute alte Methode, die George Orwell in seinem Buch „1984“ schilderte. Alle Artikel der Vergangenheit werden an die gewünschte Realität angepasst. Daran scheinen wir uns im Laufe der letzten beiden Jahre gewöhnt zu haben.

Quellen:
(1) https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2022-01-06.pdf?__blob=publicationFile
(2) http://biorama.s3-website-eu-west-1.amazonaws.com/biblio/b50chem/k02gen/alt/gen300.htm
(3) https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Praevention_nosokomial/SARI_pdf.pdf?__blob=publicationFile
(4) BR24 Rundschau vom 5. Januar 2022 (22:30 Uhr)
(5) https://www.deutschlandfunk.de/hoehepunkt-von-omikron-welle-scheint-ueberschritten-100.html

Quelle Beitragsbild: https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/fallzahlen-coronavirus-1738210 / abgerufen am 8. Januar 2022