Wer Zahlen vergleicht oder nach dem Ursprung von Angaben der Medien sucht, wird schnell darauf stoßen, dass es immer wieder unterschiedliche Aussagen zur gleichen Sachlage gibt. Oder sucht man sich bewusst nur jene Quellen aus, die am zweckdienlichsten sind? Wie soll also der Medienkonsument zwischen reinen Fakten oder Verzerrungen unterscheiden können? Wer hat Zeit, Zahlen zu vergleichen? Der präsentierte Journalismus der Qualitätsmedien weist jedenfalls nicht auf eine sorgfältige Recherche hin.

Jüngstes Beispiel sind die Angaben der BR24 Rundschau vom 5. Januar 2022 um 22:30 Uhr. Hier kommentiert die Moderatorin, dass die Omikron Variante des Coronavirus in der letzten Woche des Jahres erstmals deutlich dominant ist.

Ein Diagramm der Ergebnisse eines einzigen bayerischen Labors wurde für diesen Beitrag herangezogen. Wie man dem Screenshot entnehmen kann, wurde das Labor Becker als Quelle für die Darstellung gewählt.

Für die Kalenderwoche 49 vom 6.12. – 12.12.21 wird ein nur geringer Anteil der Omikron-Fälle von 1,2 Prozent angegeben, der sich bis zur letzten Kalenderwoche auf 55,7 Prozent steigert.

Wie aber sehen die gesamten Daten für Bayern aus? Sehen wir uns hierzu die Wochenberichte des RKI an:

Diese Wochenberichte orientieren sich nicht immer genau an den Kalenderwochen. Im Wochenbericht vom 16.12.2021 finden wir allerdings für die Meldewoche (MW) 49/2021 folgende Angabe für Bayern: Anteil der Omikronvariante für Bayern 0.2 Prozent. 19 Fälle wurden in Bayern gemeldet im Gegensatz zu 10.295 Fällen mit der Delta-Variante. (2)

Im Wochenbericht vom 23.12.2021 wurden für die MW 50/2021 2,0% Prozent Omikron-Fälle für Bayern gemeldet. (3) Im Wochenbericht vom 30.12.2021 (MW 51/21) waren es dann 15,2% Prozent, die jedoch am 5. Januar 2022 auf 14,1 Prozent korrigiert wurden – gegenüber 85,3 Prozent der Delta-Infizierten mit Datenstand vom 28.12.2021 (4)

Auch wenn die Zeit vom 29.12. bis 31.12.2021 nicht mit einbezogen wurde, ist doch ein signifikanter Unterschied zwischen den Zahlen der br24 Rundschau und den Wochenberichten des RKI ersichtlich.

Eine journalistische Sorgfaltspflicht bleibt beim bayerischen Rundfunk in diesem Fall augenscheinlich auf der Strecke. Mehr denn je fällt einem hierzu das geflügelte Wort ein:  „Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast“. Wer sich mit Fakten beschäftigt, sollte sich eben nicht nur auf eine einzige Quelle stützen, die nur einen sehr begrenzten Ausschnitt von Daten aufweist. Nur wer alle Fakten einer Thematik prüft, sorgfältig recherchiert, kann diese dann nach besten Wissen und Gewissen dem Zuschauer als gültige Tatsache präsentieren. Der Journalismus sollte in früheren Zeiten, als sogenannte vierte Gewalt, Interessenten in ihrer Meinungsbildung unterstützen. In solchen Fällen allerdings drängt sich der Verdacht auf, dass die Medien lieber eine Meinung manipulieren wollen.

Quellen:
(1) BR24 Rundschau, 05.01.2022 / 22:30 Uhr
(2) Wochenbericht des RKI vom 16.12.2021 / https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2021-12-16.pdf?__blob=publicationFile
(3) Wochenbericht des RKI vom 23.12.2021 / https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2021-12-23.pdf?__blob=publicationFile
(4) Wochenbericht des RKI vom 30.12.2021 / Korrektur vom 05.01.2022 / https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2021-12-30.pdf?__blob=publicationFile